Der Krieg der Sternchen

Was bei gendergerechter Sprache in Unternehmenskommunikation wichtig ist.

Ein Blick in den öffentlichen Diskurs zeigt: Gendern polarisiert. Ob man nun Freund oder Feind gendergerechter Sprache ist - für eine gelungene Unternehmenskommunikation ist es wichtiger denn je, dass sich Arbeitgebende aktiv mit der Frage auseinandersetzen, ob in ihrem Unternehmen gegendert wird. Natürlich ist Gendern kein Muss und die Entscheidung sollte bewusst und wohlbegründet getroffen werden. Es ist aber ein wichtiges Statement für eine moderne Kommunikation und kann ein entscheidender Schritt des Employer Brandings sein. Viele Unternehmen haben sich bereits Diversity auf die Fahne geschrieben und diese als Teil ihrer Unternehmenskultur fest verankert. Dieser Beitrag erklärt, warum gendergerechte Sprache nicht nur ein vorübergehender Modetrend ist, wägt ihre Vor- und Nachteile ab und kann dir vielleicht einige Anreize an die Hand geben, in deinem Unternehmen zu gendern.

Der Unterschied zwischen gendergerechter und inklusiver Sprache

Gendergerechte Sprache bezieht sich auf die Geschlechter und Geschlechtervielfalt. Hier geht es darum, alle Personen in der Sprache sichtbar und hörbar zu machen und bei personenbezogenen Formulierungen alle Geschlechter gleichermaßen zu nennen. Inklusive Sprache geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie Stereotype oder klischeehafte Bilder aufdeckt und für Barrierefreiheit in der Kommunikation für Menschen mit Einschränkungen sorgt. Sie schließt alle Menschen ein, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Alter oder sexueller Identität.

Welche Arten des Genderns gibt es?

Nachfolgend findest du eine Übersicht der am meisten verbreiteten, aber auch der etwas gewöhnungsbedürftigen Varianten gendergerechter Sprache:

  • Das generische Maskulinum: „Befragungsteilnehmer”
  • Das generische Femininum: „Befragungsteilnehmerin”
  • Die Partizip-Variante: „Befragungsteilnehmende“
  • Die Paarform: „Befragungsteilnehmer und Befragungsteilnehmerin”
  • Geschlechtsneutrale Formulierung: „Befragte”
  • Gender-Gap:
    • Unterstrich: „Befragungsteilnehmer_in”
    • Stern: „Befragungsteilnehmer*in”
    • Doppelpunkt: „Befragungsteilnehmer
    • Schrägstrich: „Befragungsteilnehmer/in”
  • Andere Varianten:
    • Binnen-I mit kurzer Sprechpause: „BefragungsteilnehmerIn”
    • Ausrufezeichen: „Befragungsteilnehmer!n”
    • Y-Variante: „Befragungsteilnehmy”
    • X-Variante 1: „Befragungsteilnehmx”
    • X-Variante 2: „BefragungsteilnehmerXin”
    • A-Variante: „Befragungsteilnehma”

Genderneutrale Sprache in Unternehmen

Laut einer Umfrage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der Hochschule Darmstadt nutzen zehn der DAX-30 Unternehmen bereits gendersensible Sprache. Weitere sechs Unternehmen planen dies für die nahe Zukunft. Viele CEO’s und Vorstandsvorsitzende, die auf Social-Media-Plattformen aktiv sind, wählen bei einer großen Mehrheit der Posts neutrale Formulierungen und schreiben vermehrt vom „Team” oder nutzen ein inklusives „Wir”. Laut einer Umfrage des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Zusammenarbeit mit Randstad nutzt aktuell rund jedes dritte deutsche Unternehmen geschlechtergerechte Sprache, große Unternehmen häufiger als kleine.

Genderneutrale Sprache in der Bevölkerung

Das generische Maskulinum wird so schnell wohl nicht verschwinden. Viele Menschen lehnen genderneutrale Sprache ab. Vor allem Frauen, höher gebildete Personen und jüngere Generationen stehen der Gendersprache etwas offener gegenüber. Bei allen Gruppen überwiegt jedoch immer noch die Ablehnung. Gerade bei Berufsbezeichnungen ist die Verwendung aller Geschlechter aber wichtig. Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat herausgefunden, dass Frauen und Männer von den Teilnehmenden nur als gleich qualifiziert und fähig für eine ausgeschriebene Stelle gesehen wurden, wenn in der Jobanzeige von „Geschäftsführer und Geschäftsführerin“ die Rede war. Damit wird aufgrund des Geschlechts ein Urteil über die Qualifikation getroffen und bewiesen, dass die Wahrnehmung von Frauen geringer ist, wenn diese sprachlich nicht direkt angesprochen werden. Die Diskussion beim Thema Gendern, so wie auch die um das dritte Geschlecht, zeigt einen Aspekt aber ganz gut: Es geht darum, gesehen, wahrgenommen und ernst genommen zu werden.

Gründe für Gendern

Es geht bei genderneutraler Sprache nicht nur um das Abschaffen der Diskriminierung von Frauen und Minderheiten, sondern auch um die Ablösung des binären Geschlechtersystems. Allein in Deutschland leben je nach Schätzung bis zu 800.000 Inter*-Menschen, die biologisch nicht den „Normkategorien“ weiblich und männlich zugeordnet werden wollen. Mit dem Gendersternchen schafft die Sprache jetzt einen Raum für Inter-, Trans- und non-binary-Personen. Auch zeigen Unternehmen oder Marken, die extern konsequent gendergerecht kommunizieren, dass sie auch eine jüngere Zielgruppe ansprechen möchten und auf Vielfalt und Geschlechtergerechtigkeit Wert legen. Damit wollen sie nicht nur zur Gleichbehandlung und Gleichstellung der Geschlechter beitragen, sondern gleichzeitig ihre Unternehmens- und Arbeitgebermarke schärfen. Mit der zeitgemäßen Kommunikation kannst du außerdem Wettbewerbsvorteile im Vertrieb und im Recruiting schaffen. Denn gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann der passende Cultural Fit zwischen Unternehmen und Bewerber*innen den Erfolg eines Bewerbungsprozesses darstellen.

Die von Befürwortern genannten Vorteile genderneutraler und inklusiver Sprache im Überblick:

  • (Sprachliche) Gleichberechtigung und bessere Wahrnehmung aller Geschlechter
  • Positionierung als moderner, vielfältiger und offener Arbeitgeber
  • Erhöhung der Mitarbeitermotivation
  • Weiterentwicklung der Unternehmens- und Arbeitgebermarke
  • Wettbewerbsvorteile im Vertrieb und im Recruiting
  • Mehr Bewerbungen, die zu mehr Diversität führen können

Deutsche Sprache - schwere Sprache. Die Nachteile gendergerechter Sprache.

Fast zwei Drittel der Deutschen lehnen einer Umfrage zufolge eine gendergerechte Sprache ab. Denn Gendern kann zu Wortwiederholungen, längeren und schwereren Texten sowie einer längeren Lesedauer führen und dazu noch höhere Kosten verursachen, wenn beispielsweise Logos und Plakate verändert werden müssen. Auch widerspricht Gendern der amtlichen Rechtschreibung, die allerdings nur für Bildungseinrichtungen, Ämter und Behörden verpflichtend ist. Paarform oder Schrägstrich könnten hier eine Lösung sein. Ein wichtiger Punkt sind ebenfalls eingeschränkte Möglichkeiten zur barrierefreien Verwendung, wenn Personen beispielsweise auf einen Screenreader angewiesen sind. Denn Sonderzeichen werden vom Computer oftmals mit vorgelesen und die Wörter kommen als “Befragt_Schrägstrich_innen” und “Befragt_Stern_innen” bei den Hörenden an. In diesem Fall ist es am besten, wenn Personenbezeichnungen ausformuliert werden. Wenn es nicht anders möglich ist, wird das Sternchen als die am häufigsten verwendete Kurzform empfohlen. Auch sehen manche Personen ein Anzeichen für Diskriminierung, da Angehörige des dritten Geschlechts zu reinen Symbolen herabgesetzt werden und wieder nur eine Unterscheidung zwischen männlich und weiblich vorgenommen wird.

Die Nachteile genderneutraler und inklusiver Sprache im Überblick:

  • Breite Ablehnung in der Bevölkerung
  • Erschwerte Lesbarkeit
  • Widerspruch mit der amtlichen Rechtschreibung
  • Einige Optionen sind kaum barrierefrei und können als diskriminierend angesehen werden
  • Gendern ist in manchen Fällen schlecht für SEO (Suchmaschinenoptimierung)
  • Erhöhte Kosten durch erforderliche Änderung der Werbemittel wie Logos und Plakaten

To gender or not to gender?

Egal ob sich dein Unternehmen für eine gendergerechte Sprache entscheidet oder nicht: Es ist wichtig, dass es sich mit dem Thema auseinandersetzt. Unternehmen sollte bewusst sein, dass sie sich - ob sie wollen oder nicht - mit der Art und Weise ihrer Kommunikation immer positionieren. Diese Fragen helfen dir bei der Entscheidung:

  • Wie positioniert sich mein Unternehmen?
  • Welche Inhalte produziert mein Unternehmen?
  • Wer ist die Zielgruppe in der Kommunikation?
  • Passt Gendern zu meiner Unternehmenskultur und den CSR-Zielen (CSR = Corporate Social Responsibility)?
  • Was will ich mit meiner Sprache erreichen?
  • Wie binde ich meine Mitarbeitenden in dem Prozess ein?
  • Möchte ich mit meinem Unternehmen ein Vorreiter sein oder der Letzte, der es umsetzt?

Arbeitsrechtliches

Bei Stellenanzeigen ist die Berücksichtigung aller Geschlechter (m/w/d) längst vorgeschrieben. Aber darf dein Arbeitgeber dir das Gendern im Unternehmen vorschreiben? Ja, er darf! Kraft des Direktionsrechts nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) sind Arbeitgeber dazu befugt, Arbeitnehmer per Verhaltensanweisung zur gendergerechten Sprache zu verpflichten. Diese Anweisung bezieht sich sowohl auf die interne Betriebspraxis als auch auf den Außenauftritt des Arbeitgebers. Arbeitnehmer repräsentieren schließlich Ihren Arbeitgeber und tragen dadurch zu seinem Image in der Außendarstellung bei. Die Nichtbefolgung einer solchen Verhaltensanweisung kann einen verhaltensbedingten Pflichtverstoß des Arbeitnehmers darstellen und ihm im Falle der Verweigerung im schlimmsten Fall eine Kündigung bescheren.

Auswirkungen auf die Arbeitgebermarke

Ob dein Unternehmen gendert oder nicht, kann tatsächlich Auswirkungen auf seine Arbeitgebermarke haben. Denn Unternehmen, die nicht gendern, werden oft als konservative, unmoderne und unflexible Arbeitgeber gesehen. Will dein Unternehmen eine gendergerechte Sprache einführen, ist für eine einheitliche Regelung und Umsetzung ein Leitfaden für alle Mitarbeitenden empfehlenswert. Schließlich ist auch das geschriebene und gesprochene Wort Teil der Corporate Identity, die eine Wiedererkennung und eine eindeutige Positionierung eines Unternehmens im Wettbewerb fördert.

In der lebendigen Vielfalt liegt die Lösung

Bei den vielen Möglichkeiten fragst du dich sicher, welche Art zu gendern die richtige ist. Leider gibt es die allgemeingültige, richtige Art zu gendern noch nicht. Alle Varianten haben Vor- und Nachteile. Es kann hilfreich sein, sich auf die immer größer werdende Zustimmung zu geschlechtsneutralen Formulierungen einzustellen sowie Richtlinien für die eigene Sprache abzuwägen und zu definieren. So wird es sowohl Mitarbeitenden als auch der Öffentlichkeit leichter fallen, diese nachzuvollziehen. Bis dahin gilt es, verschiedene Methoden auszuprobieren, offen für Veränderungen zu bleiben und Stimmen aus der queeren Community Gehör zu schenken.

Gendern in Mitarbeiterbefragungen

Egal, ob du dich für oder gegen gendergerechte Sprache entscheidest - Kultify unterstützt dich gerne beim Erstellen deiner Mitarbeiterumfrage. Wende dich hierfür gerne an unsere Kultify Experten.

Kurz gesagt

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